Unser Fehler-Management
Wenn wir keine Fehler machen, sind wir zu langsam!
„Wir leben eine Fehlerkultur“, „Nur durch Fehler wird man besser“, „Man macht keine Fehler, man lernt“ … diese und andere Weisheiten findet man an vielen Stellen. Das klingt auch irgendwie schlüssig und sinnvoll. Schließlich gibt es nichts Nervigeres, als wenn Kollegen Fehler vertuschen und man dadurch selbst in Probleme läuft. Wenn jeder offen mit Fehlern umgeht, nimmt das ja auch ordentlich den Druck von einem selbst. Soweit die Theorie.
Aber dann kommt irgendwann der Tag, an dem man selbst (so richtig) ordentlich danebengegriffen hat. Oft folgt dann die menschlich vollkommen nachvollziehbare Reaktion des Selbstschutzes: „Dafür kann ich ja nun wirklich nichts! Wer hätte das schon wissen können? Das ist eindeutig die Schuld vom Kunden/Partner/Kollegen!“. Hier zeigt sich eine ziemlich beeindruckende menschliche Fähigkeit: Zum Schutz des eigenen Egos reden wir uns einfach so lange ein, dass andere schuld sind, bis wir das schlussendlich sogar wirklich glauben. Leider ist es dann aber auch sehr wahrscheinlich, dass sich der Fehler wiederholt. Aus der Selbstschutzperspektive nimmt dann halt die Zahl der Trottel und Ignoranten stetig zu.
Wenn man jedoch seinem Ego mal richtig auf die Füße steigt und sich selbst ehrlich hinterfragt, entstehen interessante (manchmal auch schmerzhafte) Einsichten wie bspw. „Ich war zu unkonzentriert.“, „Ich war nicht vorbereitet genug.“, „Ich habe nicht klar genug kommuniziert.“ oder „Als Kunde hätte ich auch etwas Besseres erwartet.“. Sich diese Dinge ehrlich einzugestehen und mit dem Ego zu diskutieren nervt und kann mächtig anstrengend sein, hilft aber auf lange Sicht ungemein.
Bei Peerox glauben wir an Geschwindigkeit. Wir wissen, wir haben weder die Zeit noch die Ressourcen, jeden denkbaren Fehler im Vorfeld vermeiden zu können. Das heißt, wir gehen bewusst Risiken ein, probieren aus und scheitern. Wir scheitern ständig und machen immer wieder Fehler. Aber nur so können wir gemeinsam herausfinden, was denn nun wirklich funktioniert. Getreu dem Motto: „Wenn wir keine Fehler machen, sind wir zu langsam!“
In dieser Strategie sind für uns drei Dinge absolut wichtig:
- Wir gehen bewusst ins Risiko und schätzen mögliche Fehler/ Schäden ab! Wir dürfen nicht naiv in Fehler laufen, die u. U. existenzbedrohend sind.
- Wir lernen gemeinsam aus eigenen Fehlern und denen der Kollegen. Wir nutzen jede Chance, neue Lösungsstrategien zu entwickeln.
- Wir haben Vertrauen zueinander. Der offene Umgang mit eigenen Unzulänglichkeiten verlangt einen ganz besonderen Team-Spirit. Jeder einzelne Peer beschützt und fördert diese sensible Kultur.
Um diese Fehlerkultur im Team zu leben, gibt es in einigen Unternehmen bspw. eine s. g. „Fuckup-Hour“. Man spricht gemeinsam über Fails, lernt dadurch und baut Vertrauen auf.
Bei Peerox war uns das Konzept der „Fuckup-Hour“ nicht radikal genug. Die Learnings begrenzen sich schließlich auf den zum Meeting anwesenden Teil des Teams. Abwesende oder neue Peers haben kaum Gelegenheit von den Fails zu erfahren. Aus diesem Grund pflegen wir ein digitales „Fuckup-Diary“. Dabei handelt es sich um eine interne Wiki-Seite. Die Vorteile der schriftlichen Dokumentation liegen auf der Hand:
- Durch den Prozess des Aufschreibens reflektiert man selbst deutlich stärker. Man überdenkt einzelne Entscheidungen, Voraussetzungen, Schlussfolgerungen und vor allem die resultierenden Learnings.
- Durch die tägliche Arbeit im Wiki werden bei Suchen zu ähnlichen Themen die Wiki-Einträge aus dem Fuckup-Diary immer wieder präsentiert. Das heißt auch, dass unsere zukünftigen Peers immer wieder über unsere Fails in der Vergangenheit stolpern werden.
- Durch das ständige wieder Aufkochen der bereits gemachten Fehler können wir in zukünftigen Situationen die Learnings direkt anwenden.
- Das eigene Ego wird deutlich mehr gestresst. Vor allen heutigen und zukünftigen Peers derart die Hosen runterzulassen verlangt viel Selbstreflektion, Vertrauen und Mut.
Als Gründer und Geschäftsführer haben wir natürlich die ersten Einträge geschrieben. Wir geben ehrlich zu, dass wir uns zum damaligen Zeitpunkt nicht sicher waren, ob wir dem Team damit nicht zu viel zumuten. Vielleicht bleiben unsere Beiträge die einzigen Beiträge und die Idee ein mächtiger Rohrkrepierer. Aber wer uns kennt weiß, dass die Möglichkeit sich auf die Knochen zu blamieren noch nie ein Grund war, irgendwas nicht zu tun. Außerdem waren wir uns ziemlich sicher: Wenn so etwas mit irgendeinem Team funktionieren kann, dann mit unserem.
Auch hier wurden wir in unserer Hoffnung nicht enttäuscht. Die nächsten, schonungslos ehrlichen Beiträge folgten recht schnell. Wir sprechen, diskutieren und lachen über unsere Fehltritte. Damit bauen wir ein großes Vertrauen auf und schaffen eine wirkliche Fehlerkultur.
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